Bücher - Der UNO-Einsatz in Somalia
Die innenpolitische Situation Somalias nach Beendigung des UNO-Einsatzes wirft eine Vielzahl von Fragen auf, um deren Aufklärung ich mich im Verlauf dieses Buches bemühe.
Die allumfassende Problematik wird hier in der Frage zusammengefaßt, warum der aufwendige UNO-Einsatz gescheitert ist.
Von großer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, welche Auswirkungen die erstmalige Anwendung des Peaceenforcement auf den Konflikt hatte. Das Anwenden von Zwangsmitteln sollte immer als letzte Konsequenz erfolgen; aus diesem Grund ist zu fragen, ob die UNO schon in der Entstehungsphase des Konflikts die Mittel der Preventive diplomacy ausreichend eingesetzt hat.
Zu prüfen ist danach, ob durch eine rechtzeitige und intensive Anwendung des Peacekeeping der Einsatz von Waffengewalt hätte vermieden werden können. Schließlich hatte der UNO-Einsatz in Somalia als reine Peacekeeping-Operation begonnen.
Der Beschluß der UNO zur direkten Intervention (Resolution 794 vom 3.12.1992) und die damit verbundene Entsendung von über 30.000 Blauhelmsoldaten7 aus mehr als 20 Ländern nach Somalia wirft eine Reihe völkerrechtlicher Probleme auf. Kann sich die UNO in dieser Weise über Souveränitätsrechte einzelner Staaten hinwegsetzen?
Welche nationalstaatlichen Interessen spielten bei dieser humanitären Intervention eine Rolle?
Durch die Resolution 814 vom 26.3.1993 erhielten die UNO-Truppen die Ermächtigung, die Bürgerkriegsparteien gegebenenfalls durch Anwendung von Gewalt zu entwaffnen. Der Sicherheitsrat billigte durch diesen Beschluß gemäß der Empfehlungen Boutros-Ghalis ein neues Element zur Friedenssicherung: das Peaceenforcement. Von diesem Zeitpunkt an trat eine Eskalation des Konflikts ein. Die UNO-Soldaten wurden als Konfliktpartei mit in den Bürgerkrieg einbezogen. Die allgemeine Akzeptanz der Blauhelme durch die somalische Bevölkerung sank. Höhepunkt dieser Entwicklung war die Ermordung der 23 Blauhelmsoldaten einerseits sowie die dann folgenden Vergeltungsschläge der UNO-Soldaten andererseits.
Begründet sich diese Eskalation auf der fehlerhaften Umsetzung des Peaceenforcements der UNO-Soldaten in Somalia, oder sind das Peacekeeping und das Peaceenforcement als Instrumente grundsätzlich nicht geeignet, solche Konflikte zu bewältigen?
Abschließend muß der Frage nachgegangen werden, welche Konsequenzen die Erfahrungen der UNO in Somalia für zukünftige UNO-Friedensoperationen der Staatengemeinschaft haben sollte.
Um diesen Fragenkatalog sinnvoll zu bearbeiten, ist ein systematisches methodisches Vorgehen notwendig.
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7 Darunter 22.000 US-Soldaten.