Die tieferen Ursachen des Bürgerkriegs sind in der Zeit kurz vor der Unabhängigkeit Somalias zu finden. Die Vereinigung von Britisch-Somaliland mit Italienisch-Somaliland 1960 zur unabhängigen Republik Somalia brachte schwierige Integrationsprobleme mit sich. Es gab ein großes Gefälle zwischen dem eher vernachlässigten Britisch-Somaliland und dem prosperierenden Italienisch-Somaliland. Der Ogaden-Krieg hat zudem einen entscheidenden Beitrag zum Niedergang des staatlichen und wirtschaftlichen Systems von Somalia geleistet.
Daneben ist das alle gesellschaftliche Bereiche durchziehende Clan-System der eigentlich ethnisch und kulturell einheitlichen somalischen Gesellschaft eine entscheidende Konfliktursache. Exemplarisch ist dies anhand der Oppositionsgruppen zu sehen, die immer entlang der Clangrenzen verlaufen.
Im Juli 1977 marschierte die West Somali Liberation Front (WSLF) mit 3.000 bis 6.000 Männern in das Ogaden-Gebiet in Äthiopien ein. Diese Organisation hatte ihr Hauptquartier in Mogadischu und wurde von dem somalischen Militär unterstützt. Ein großer Teil des somalischen militärischen Potentials wurde bei dieser Invasion eingesetzt und durch das äthiopische Militär zerstört, denn Äthiopien wurde massiv von dem ehemaligen Bündnispartner Somalias, der Sowjetunion, unterstützt, da es im Kräftespiel der Großmächte eine strategisch bedeutende Stellung einnahm. Da die WSLF immer mehr in Bedrängnis geriet, griff die somalische Armee im Februar 1978 direkt in die Kämpfe ein, konnte aber auch durch diesen massiven militärischen Eingriff das Blatt nicht mehr wenden, denn die erhofften Waffenlieferungen aus dem Westen blieben aus. Nur Ägypten und der Iran unterstützten Somalia. Die OAU verurteilte die somalische Intervention, da sie darin die Nicht-Beachtung des Prinzips der Unverletzbarkeit der nachkolonialen Grenzen sah. Eine große Gegenoffensive wurde von tausenden kubanischen Soldaten und sowjetischen Offizieren, ausgerüstet mit modernsten sowjetischen Waffen, gegen Somalia geführt und fügte der somalischen Armee eine vernichtende Niederlage zu. Im März 1978 zog sie sich aus dem Ogaden zurück.
Durch den Ogaden-Krieg wurde Somalia finanziell sehr stark belastet, denn die Armee musste in großen Teilen militärisch wiederaufgerüstet werden. Dies hatte natürlich gravierende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation. Zudem hatte die somalische Regierung mit den Nachteilen einer sozialistischen Planwirtschaft zu kämpfen.
Nach der somalischen Niederlage setzte aus dem Ogaden ein großer Flüchtlingsstrom nach Somalia ein. Das Hohe Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) wollte in den Flüchtlingslagern Zählungen durchführen, doch wurde dies durch den somalischen Staatspräsidenten Barre verboten, vielmehr machte er eigene Angaben über die Zahl der Flüchtlinge. Es seien über eine Million. UNHCR-Mitarbeiter schätzen dagegen die Flüchtlingszahl auf 400.000 bis 700.000. Da der UNHCR die somalischen Angaben offiziell nicht anzweifeln wollte, erhielt Somalia Nahrungsmittelhilfen nicht für die tatsächliche Anzahl von Flüchtlingen, sondern für die übertriebene Zahl. Die Nahrungsmittel, die übrig blieben, warf Barre zu billigen Preisen auf die Märkte der Städte. Die Bevölkerung wurde damit beruhigt und die verfehlte Landwirtschaftspolitik kaschiert. Diese internationalen Nahrungsmittelhilfen stützten Barres Regime und hielten es künstlich am Leben.
Durch den militärischen Misserfolg im Ogaden-Krieg verschärften sich auch die innenpolitischen Auseinandersetzungen. Im Militär breitete sich Unzufriedenheit aus und man suchte "Sündenböcke". Nach einem gescheiterten Putsch gegen die Regierung Barres fanden die Unterstützer des Putsches in Kenia und Äthiopien politisches Asyl und begannen dort seit 1978 eine organisierte Opposition gegen Barre aufzubauen. Sie waren vorwiegend aus dem Clan der Majerten und gründeten in ihrem Exil die "Somali Salvation Front" (SOSAF). Dies war der Ursprung des oppositionellen bewaffneten Kampfes gegen das Barre-Regime.
Mit dem gemeinsamen Ziel, Barre zu stürzen schlossen sich die Oppositionsgruppen "Democratic Front for the Liberation of Somalia" (DFLS), "Somali Workers Party" (SWP) und die SOSAF 1981 zur SSDF (Somali Salvation Democratic Front) zusammen. Die Hauptakteure waren Majerteni von der Clanfamilie der Darod. Libyen und der Südjemen unterstützten die SSDF.
Ebenfalls 1981 wurde die "Somali National Movement" gegründet (SNM). Gebildet wurde diese Gruppierung vorwiegend von den Ishaq und den Hawiye. Diese Gruppe unternahm Überfälle auf militärische Einrichtungen der somalischen Armee und befreite politische Häftlinge.
Im Verbund mit äthiopischen Truppen drang die SSDF auf somalisches Staatsgebiet vor. Die somalische Regierung erklärte als Reaktion darauf im August 1982 den Ausnahmezustand.
Durch die zunehmenden militärischen Aktionen geriet die somalische Regierung unter Druck und begann, systematisch die Menschenrechte zu verletzen, und versuchte, jeden Widerstand im Keim zu ersticken. Dabei ging sie nicht gerade zimperlich mit der Zivilbevölkerung um. Menschen wurden allein wegen ihrer Clanzugehörigkeit in "Sippenhaft" genommen und politisch verfolgt. Doch durch diese massive Verfolgung wurde der Widerstand in der Bevölkerung nur angeheizt, und die Gewaltspirale drehte sich unaufhaltsam voran.
In der SSDF kam es 1986 zu einer Spaltung, da ein Teil der Mitglieder ein Amnestieangebot der somalischen Regierung annahm. Die abtrünnigen Anhänger der SSDF wurden in die somalische Armee integriert. Die verbleibenden Kämpfer der SSDF schlugen einen gemäßigteren politischen Kurs ein und verlegten ihren Sitz nach Nairobi (Kenia). Die SSDF-Führung versuchte, die aufgesplitterte Oppositionsbewegung zu einigen und schlug vor, eine "Nationale Befreiungsarmee" zu gründen, die unter einem einheitlichen Oberbefehl stehen sollte. Damit sollte verhindert werden, dass nach dem Sturz der Regierung Barres eine neue Militärregierung entsteht.
Autor: Dipl.-Pol. Mathias Weber.
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